Eine Entschuldigung ist eine Sackgasse. Im Alltag ist es beinahe unvermeidlich: Man reagiert unangemessen – abwertend, möglicherweise auch beleidigend oder sogar aggressiv, setzt sich ins Unrecht. Oder man hat einfach einen Fehler gemacht. Die Folge: das Aufkommen von Schuldgefühlen. Der erste Reflex: die betroffene Person um Entschuldigung bitten. In der Regel hilft diese aber nicht weiter, beiden Seiten nicht. Es ist nur ein formeller, unproduktiver Akt, der sich für beide seltsam anfühlt. Eine Art Ablass, „Rückzahlung“ für negatives Verhalten, keinesfalls konstruktiv. Es bleibt ein schales Gefühl.
Das Ziel ist eine andere Herangehensweise bei durch Fehlverhalten ausgelösten Konfliktsituationen, um eine wirkliche Verbindung zur betroffenen Person herzustellen. Dazu sind für die auslösende Person drei Schritte sinnvoll: In sich selbst einfühlen, welches eigene Bedürfnis nicht erfüllt wurde, warum man zu diesem Bedürfnis nicht stehen konnte und deshalb negativ oder falsch reagiert. Der betroffenen Person mitteilen, dass man das verletzte Gefühl nachvollziehen kann. Einfühlen, bedauern, Empathie zeigen, ja trauern statt Schuld auf sich nehmen. Und schließlich darstellen, was hinter dem eigenen Verhalten steckt, was dabei lebendig war („Hilflosigkeit“). Konflikte können so die Grundlage für menschliche Verbindungen und ein neues Gefühl von Gemeinsamkeit schaffen.
Im Coaching geht es darum, zu lernen, wie man ein anderes Verhältnis zu „schuldhaft“ verursachten Situationen herstellt, wie man aus Konflikten Momente der Annäherung schafft. Dazu wird das Konzept „Schuld“ als unkonstruktiv, unlebendig bewusst gemacht. Es wird geübt, in einer von einem ausgelösten Konfliktsituation innezuhalten und zwei Dinge zu klären. Aufgrund welchen Bedürfnisses habe ich falsch oder überreagiert und warum kann ich nicht dazu stehen, warum konnte ich es bisher nicht einlösen? Also sich auf die eigene Seite stellen, mit sich Frieden finden. Wenn ich mit mir in Kontakt bin, kann ich Verbindung zur betroffenen Person aufnehmen, sich in sie einfühlen, in das, was durch mein Verhalten ausgelöst wurde, und es bedauern. Und ausdrücken, was hinter meinem Verhalten steckt, was meine Intention war. Empathie für sich und die andere Person zeigen statt sich erniedrigen.
Anton Kehl
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